Luftfahrt-Bundesamt

Hinweise zu verlorenen Instandhaltungsaufzeichnungen

Datum 30.06.2022

1. Zweck und Anwendungsbereich

Im Zuge der Wahrnehmung seiner Aufsichts- und Genehmigungstätigkeit wird das Luftfahrt-Bundesamt immer wieder damit konfrontiert, dass bei Luftfahrzeugen notwendige Unterlagen fehlen oder verloren gegangen sind. Das betrifft insbesondere die notwendigen Aufzeichnungen und Nachweise zur fristgerechten Durchführung und / oder Freigabe von Instandhaltungsmaßnahmen und Modifikationen am Luftfahrzeug selbst oder seinen Komponenten und Ausrüstungsteilen. Ebenfalls sind aufgrund fehlender Unterlagen die Betriebszeiten und Anzahl der Starts und Landungen nicht immer zweifelsfrei nachzuvollziehen.

Die genaue Kenntnis des technischen Zustandes trägt jedoch maßgeblich dazu bei, die Zuverlässigkeit eines Luftfahrzeuges über einen längeren Zeitraum zu gewährleisten. Neben einem störungsfreien Betrieb, Fragen der Gewährleistung und dem Werterhalt sind insbesondere die Sicherheitsaspekte, im Sinne körperlicher Unversehrtheit, von Insassen und Personen am Boden hervorzuheben.

Vor diesem Hintergrund dienen die nachstehenden Informationen dazu, betroffenen Luftfahrzeughaltern Hilfestellung zum Vorgehen bei verlorenen Instandhaltungsaufzeichnungen zu geben. In Zweifelsfällen sind jedoch ausnahmslos die einschlägigen Vorschriften in ihrer jeweils gültigen Fassung maßgeblich.


2. Abkürzungen

AMCAcceptable Means of Compliance (akzeptable Nachweisverfahren)
CAMOContinuing Airworthiness Management Organisation (Unternehmen zur Führung der Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit)
CAOCombined Airworthiness Organisation (Kombinierte Lufttüchtigkeitsorganisation)
EASAEuropean Union Aviation Safety Agency
FAAFederal Aviation Administration
EUEuropäische Union
Form 1EASA/LBA Formblatt 1, vgl. Appendix II zu Teil-M
GMGuidance Material (Anleitungsmaterial)
LBALuftfahrt-Bundesamt
LTALufttüchtigkeitsanweisung
STCSupplemental Type Certificate (ergänzende Musterzulassung)
Teil-145Anhang II zu Verordnung (EU) Nr. 1321/2014
Teil-CAMOAnhang Vc zu Verordnung (EU) Nr. 1321/2014
Teil-CAOAnhang Vd zu Verordnung (EU) Nr. 1321/2014
Teil-MAnhang I zu Verordnung (EU) Nr. 1321/2014
Teil-MLAnhang Vb zu Verordnung (EU) Nr. 1321/2014

3. Allgemeines Vorgehen bei verlorenen Instandhaltungsaufzeichnungen

In diesem Abschnitt beschreiben wir das grundsätzliche Vorgehen bei verlorenen Instandhaltungsaufzeichnungen. Zudem wird auf häufige Konstellationen gesondert eingegangen.

3.1 Grundsätzliche Vorgehensweise

Für jede Art fehlender oder verlorener Instandhaltungsaufzeichnungen gilt, dass zunächst alle Anstrengungen unternommen werden sollten, die entsprechenden Dokumente wiederzubeschaffen, z. B. durch Kontaktaufnahme zu den CAMOs oder CAOs, die in der Vergangenheit die jährliche Bescheinigung über die Prüfung der Lufttüchtigkeit ausgestellt haben. Auch Anfragen an Hersteller und / oder Instandhaltungsbetriebe, die das betroffene Luftfahrzeug oder seine Komponenten in der Vergangenheit hergestellt bzw. instandgehalten haben, können sich als hilfreich erweisen.

Sofern Zweitausfertigungen verlorener Nachweise nicht mehr zu beschaffen sind, müssen die relevanten Informationen rekonstruiert werden. Dazu sind andere, verlässliche Quellen heranzuziehen, aus denen die fraglichen Daten soweit wie möglich entnommen werden können. Falls so eine Wiederherstellung der Daten notwendig sein sollte, dann ist exakt zu dokumentieren, welche Informationen aus welcher Quelle genutzt wurden. Zudem sollten die neuen Aufzeichnungen eine Erklärung beinhalten, aus der der Verlust der alten Unterlagen und die getroffenen Rekonstruktionsmaßnahmen hervorgehen. Eine enge Abstimmung mit der zuständigen Behörde ist dringend anzuraten, um sicherzustellen, dass die Rekonstruktion auch von dieser akzeptiert wird. Auch eine Einbeziehung der Person oder Organisation, welche die nächste Prüfung der Lufttüchtigkeit vornehmen soll, wird empfohlen.

Es kann jedoch trotz aller Wiederbeschaffungs- und Rekonstruktionsversuche notwendig sein, Instandhaltungsmaßnahmen zu wiederholen oder zusätzlich durchzuführen.

3.2 Fehlende Betriebsaufzeichnungen

Basis für die Führung der Aufrechterhaltung der Lufttüchtikeit eines Luftfahrzeuges sind die Aufzeichnungen über den Betrieb desselbigen. Üblicherweise sind es die eigentliche Betriebszeit sowie die Anzahl der Flugzyklen, die hier als maßgebliche Kriterien dienen.

Fehlende Betriebsaufzeichnungen sollten unter Einbeziehung aller verfügbaren Quellen rekonstruiert werden. Flugstunden und Flugzyklen werden regelmäßig im Zuge von Instandhaltungsmaßnahmen erfasst, so dass sich hier gute Ausgangspunkte bieten sollten. Hinzu kommen die Daten, die in den Hauptflugbüchern der angeflogenen Flughäfen und Landeplätze erfasst werden.
Sollten noch Unsicherheiten verbleiben, ist mit großzügigem Sicherheitszuschlag zu kalkulieren. Die Berechnung sollte entsprechend den Grundsätzen von Abschnitt 3.1. dokumentiert und abgestimmt werden.

3.3 Fehlende Aufzeichnungen über durchgeführte Instandhaltungsmaßnahmen

Fehlen die Nachweise darüber, dass Instandhaltungsmaßnahmen fristgerecht und regelkonform durchgeführt und / oder freigegeben wurden, sollte unterschieden werden, ob es sich um einmalige oder wiederkehrende Maßnahmen handelt.

Im Falle regelmäßiger Instandhaltungsmaßnahmen und Inspektionen, wie z. B. einer 100-h-Kontrolle, ist das Hauptaugenmerk darauf zu legen, dass die jeweils letzte Durchführung vollständig stattgefunden hat und einwandfrei dokumentiert ist.

Im Falle von nicht wiederkehrenden Instandhaltungsmaßnahmen, wie zum Beispiel einer einmalig durchzuführenden LTA oder der Reparatur eines Strukturschadens nach Wartungshandbuch, ist eine genaue Betrachtung der vorliegenden Umstände notwendig. Im Regelfall wird es mindestens erforderlich sein, die durchgeführten Maßnahmen von freigabeberechtigtem Personal detailliert überprüfen und diese Überprüfung auch bescheinigen zu lassen. Ggf. kann es notwendig sein, die fraglichen Instandhaltungsmaßnahmen vollständig zu wiederholen, um einen einwandfrei dokumentierten Zustand zu erreichen.

Das Anleitungsmaterial zu Teil-145, Abschnitt 145.A.55, eröffnet für nach Teil-145 genehmigte Betriebe die grundsätzliche Möglichkeit, nach einer umfangreichen Recherche und angemessenen Rekonstruktionsversuchen die wiederhergestellten oder ersatzweise verwendeten Daten der zuständigen Aufsichtsbehörde zur Zustimmung vorzulegen.

3.4 Fehlende oder verlorene Komponentenfreigaben

Grundsätzlich gelten auch für fehlende Aufzeichnungen von Instandhaltungsmaßnahmen an Komponenten und Ausrüstungsteilen die im vorherigen Abschnitt dargelegten Prinzipien. Da die Instandhaltung von Komponenten und Ausrüstungsteilen jedoch regelmäßig an spezialisierte Betriebe gegeben wird, kommt der Komponenten-Freigabebescheinigung zusätzlich eine besondere Bedeutung zu.

Die häufigsten Komponenten-Freigabebescheinigungen stellen das EASA Form 1 und sein US-amerikanisches Pendant, das Form 8130-3, dar.

Die Zahl der möglichen Ausfertigungen für ein EASA Form 1 ist verordnungsseitig nicht beschränkt. Die ursprünglich ausstellende Organisation kann also grundsätzlich – unter Beachtung ihrer genehmigten Verfahren – weitere Exemplare zur Verfügung stellen.

Im Falle des Verlustes eines Form 8130-3, ausgestellt nach den Regelungen der Vereinigten Staaten von Amerika, greifen die von der amerikanischen Aufsichtsbehörde FAA veröffentlichten Regelungen zu einer Ausfertigung von Zweitschriften. Wir verweisen hierzu auf FAA Order 8130.21D, Abs. 15. Beim Verlust anderer Freigabebescheinigungen für Komponenten als einem EASA Form-1 oder einer FAA Form 8130-3 beachten Sie bitte zur Ausfertigung einer Kopie oder eines weiteren Exemplars die entsprechenden Vorschriften des Staates, nach dessen Regularien das fragliche Dokument ausgestellt wurde.

Fehlende Komponenten-Freigabebescheinigungen können ein Hinweis auf Teile zweifelhafter Herkunft sein. Teile, deren Herkunft nicht eindeutig belegbar ist, müssen folglich als „nicht zugelassen“ behandelt werden. Ihre weitere Verwendung ist damit ausgeschlossen. Wir verweisen hierzu auf das LBA-Merkblatt zum Umgang mit Teilen zweifelhafter Herkunft, welches auf der Internetseite des LBAs verfügbar ist.

3.5 Fehlende oder verlorene Unterlagen zu Modifikationen oder besonderen Reparaturen

Ein besonderes Augenmerk sollte auch auf fehlende oder verlorene Aufzeichnungen zu Modifikationen und Reparaturen, die nicht über die standardmäßigen Unterlagen des Halters der Musterzulassung abgedeckt sind, gelegt werden. In Ergänzung zu den in Abschnitt 3.1. und 3.3 genannten Grundsätzen gilt in derartigen Fällen, dass nicht nur die eigentliche Durchführung und die Freigabe der Arbeiten nachvollziehbar sein müssen. Zusätzlich müssen die zugrunde liegenden Unterlagen, aus denen die Zulässigkeit der Modifikation oder Reparatur hervorgeht, wiederbeschafft werden. Hierbei kann es sich z. B. um besondere Anweisungen des Halters der Musterzulassung oder STCs handeln, aus denen sich möglicherweise zusätzliche Instandhaltungsmaßnahmen oder Ergänzungen zum Flughandbuch ergeben.


4. Besondere Aspekte

Abhängig davon, ob die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit des betroffenen Luftfahrzeuges nach den Regularien von Teil-M oder Teil-ML erfolgt, sind folgende Punkte beachtenswert.

4.1 Besonderheiten bei Luftfahrzeugen unter Teil-M

Das akzeptable Nachweisverfahren AMC M.A.305 (e) zu den Forderungen über die Aufzeichnungen der Führung der Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit erlaubt nach einer umfangreichen Recherche und angemessenen Rekonstruktionsversuchen, die wiederhergestellten oder ersatzweise verwendeten Daten der zuständigen Aufsichtsbehörde zur Zustimmung vorzulegen.

4.2 Besonderheiten bei Luftfahrzeugen unter Teil-ML

Anders als Teil-M beinhalten Teil-ML, das "Balloon Rule Book" und das "Sailplane Rule Book" keine Regelungen zum Vorgehen bei verlorenen Instandhaltungsaufzeichnungen, auch nicht in den akzeptablen Nachweisverfahren oder dem zugehörigen Anleitungsmaterial. Es finden sich zudem keine Verweise auf die Anwendung der vergleichbaren Regelungen aus Teil-M oder Teil-145.

Insbesondere für die weitere Verwendung von Komponenten, deren Form 1 oder ein vergleichbares Formular verloren gegangen ist, besteht daher für betroffene Halter auch nicht die Möglichkeit einer direkten Akzeptanz durch das LBA. Es kann aber selbstverständlich die Unterstützung entsprechend genehmigter Betriebe in Anspruch genommen werden.


5. Weitergehende Hinweise

Das Fehlen von Instandhaltungsaufzeichnungen und die daraus resultierende Notwendigkeit einer Rekonstruktion oder Wiederbeschaffung der Dokumente und Nachweise kann zu einem erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand für den betroffenen Luftfahrzeughalter führen. Eine sorgfältige Aufbewahrung ist daher unbedingt anzuraten.

Die luftrechtlichen Anforderungen an die Dokumentation von Instandhaltungsmaßnahmen können sich im Laufe eines Luftfahrzeuglebens ändern. Hinsichtlich der Aufbewahrung aller entsprechenden Aufzeichnungen und Nachweise einschließlich sämtlicher Bordbücher sind die in den Vorschriften gesetzte Minimalfristen in jedem Fall einzuhalten. Es wird jedoch empfohlen, darüber hinaus die Lagerung mindestens so lange fortzusetzen, bis die betroffene Komponente oder das betroffene Luftfahrzeuges unwiederbringlich außer Betrieb gesetzt wurden. Diese endgültige Außerbetriebsetzung geht üblicherweise mit Zerstörung oder nachgewiesener Verschrottung einher.

Ferner empfehlen wir, vor dem Erwerb von gebrauchten Luftfahrzeugen und / oder dafür bestimmten Komponenten und Ausrüstungsgegenständen nicht nur den technischen Zustand, sondern auch die Instandhaltungsaufzeichnungen einer gründlichen Prüfung zu unterziehen. Wir regen an, beim Kauf auf Aushändigung aller relevanten Dokumente und Nachweise zu bestehen.

Im Falle von Rückfragen zur hier beschriebenen Problematik steht Ihnen das LBA gerne zur Verfügung. CAMOs, CAOs und Instandhaltungsbetriebe nach Teil-145 wenden sich hierzu bitte an den für sie zuständigen technischen Betriebsprüfer. Alle übrigen Personen und Organisationen stellen eine eventuelle Anfrage bitte per E-Mail an ltk@lba.de.

Bitte beachten Sie, dass die Kommunikation mit dem LBA per E-Mail bzw. Fax unverschlüsselt erfolgt. Aus datenschutzrechtlichen Gründen empfehlen wir Ihnen daher bei Anfragen, die personenbezogene Daten enthalten, die Nutzung des Postwegs (Anschrift: Luftfahrt-Bundesamt, SG T21, Prüfung und Überwachung der Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit, 38144 Braunschweig).

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