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Aktuelle Informationen des LBA zu Rotax-Motoren

Datum 29.11.2024

Das Referat B 6 "Ereignismeldungen" des Luftfahrt-Bundesamtes (LBA), die EASA sowie weitere nationale Luftfahrtbehörden in Europa verzeichnen weiterhin Störungen bei Flugzeugen, die mit Vergasermotoren der Firma Rotax betrieben werden. Die Ursachen dafür sind bislang noch nicht abschließend geklärt.

An dieser Stelle möchte das LBA vor dem Hintergrund zahlreicher Anfragen als auch einer umfangreichen Medienberichterstattung über den aktuellen Sachstand berichten:

Das LBA und die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) treffen sich gemeinsam mit weiteren nationalen Luftfahrtbehörden seit Anfang 2023 in regelmäßigen Abständen zu einem Meinungsaustausch. Ziel dieser Treffen ist der Informationsaustausch zum aktuellen Stand, zu zukünftigen Aktivitäten und zu möglichen Maßnahmen, um die Probleme mit Rotax-Motoren lösen zu können. Nachdem Ereignisse in Zusammenhang mit von Rotax-Motoren angetriebenen Luftfahrzeugen zunächst in Deutschland in den Blickpunkt geraten waren, führt eine inzwischen verbesserte Meldekultur in der allgemeinen Luftfahrt dazu, dass auch in anderen Ländern eine Häufung dieser sicherheitsrelevanten Vorkommnisse in die statistische Auswertung einfließt.

Daher nutzt das Occurrence-Reporting-Team des LBA den gemeinsamen Austausch mit EASA und anderen Stakeholdern, um neueste Informationen aus eigener oder anderer Quelle zu präsentieren. Außerdem werden offene Punkte oder die Umsetzung avisierter Maßnahmen aktiv beobachtet. Ein Problem dabei ist, dass sich diese Ereignisse nicht reproduzieren lassen, da diese überwiegend in den kritischsten Phasen eines Fluges vorkommen – und zwar kurz nach dem Abheben.

Die Luftfahrzeughersteller, Rotax sowie EASA sehen derzeit vor allen folgenden Ursachen:

  • Die Soft-Start-Funktion bei Tecnam, welche unbeabsichtigt während des Fluges zu einem Abfall der Propeller-Drehzahl führen kann. Aus diesem Grund wurden bereits ein entsprechendes Service Bulletin sowie eine AD (Airworthiness Directive) veröffentlicht (SB_773_-_CS_-_Rotax_912S_Engine_Soft_Start_Deactivation_-3).
  • Falsche Leistungswahl in Kombination mit Propellerverstellung.
  • Eine mögliche Verwendung der falschen Kraftstoffsorte. Auch dazu gab es für Flugzeuge vom Typ Bristell ebenfalls bereits ein entsprechendes Service Bulletin.
  • Klopfen des Motors, hervorgerufen durch ungünstigen Betrieb des Luftfahrzeuges (z.B. Vollastbetrieb mit eingeschalteter Vergaservorwärmung).
  • Sporadische Ereignisse (wie Vergaservereisung, kontaminierte Treibstoff, Dampfblasenbildung).

Das Luftfahrt-Bundesamt adressierte darüber hinaus bei den verantwortlichen Parteien noch weitere Aspekte. Im Fokus stehen dabei Qualitätsunterschiede in den jeweiligen Baureihen der Vergaser und sonstiger Bauteile, die Heizwerte der Zündkerzen, Spanbildungen/verunreinigte Vergaser sowie die Auswirkung des Staudrucks unterhalb der Cowling auf die Vergaser unter Volllast. Auch scheint es bezüglich der Leistungswahl unterschiedliche Vorgaben seitens des Motor-Handbuchs und der Flughandbücher zu geben. Außerdem ist die Art und Weise der Integration des Motors in einem Luftfahrzeug mit dem zur Verfügung stehenden Bauraum elementar für die Luft- und Wärmeverteilung.

Viele Betroffene von Ereignissen bemühen sich intensiv, den Gründen auf die Spur zu kommen, und erstellen hierzu ausführliche Berichte. Diese sind bei der Untersuchung sehr hilfreich. Wir möchten in diesem Zusammenhang den Austausch mit Meldern und den Verbänden wie DULV, AOPA sowie insbesondere mit dem Bundesausschuss Technik des DAeC betonen (BAT). Dem LBA vorliegende Ergebnisse werden zeitnah an die EASA berichtet, wenn dies nicht bereits vorliegen.

Folgende drei Punkte werden zumeist als selbstverständlich abgetan, gleichwohl möchten wir an dieser Stelle nochmals darauf hinweisen, dass:

  • Ein bedachter, sorgsamer Betrieb der Luftfahrzeuge bei bestmöglicher Vermeidung von grenzwertigen Betriebszuständen dazu beiträgt, diese technisch in gutem Zustand zu halten.
  • Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten nur durch fachkundiges Personal unter Beachtung der Wartungsunterlagen und der rechtlichen Regelungen durchgeführt und freigegeben werden dürfen
  • Fehlfunktionen, Ausfälle oder Schäden mit tatsächlichem oder möglichem Einfluss auf die Flugsicherheit zum Einen an den Hersteller (Halter der Musterzulassung) und zum Anderen über ECCAIRS2 an das LBA zu übermitteln sind. .

Weitere Informationen zum Thema Ereignismeldungen finden Sie auf unserer entsprechenden Internetseite.

Das LBA arbeitet weiter intensiv und mit der entsprechenden Fachexpertise an dem Thema. Hierzu steht das Referat B 6 „Ereignismeldungen“ in engem Kontakt mit der EASA, den Herstellern der betroffenen Luftfahrzeugmuster sowie den betroffenen Haltern und Flugschulen. Informationen, welche in der Sache weiterhelfen können, werden vom LBA weiterhin geprüft, übersetzt, an die EASA als musterzulassende zuständige Behörde weitergeleitet und in den regelmäßigen gemeinsamen Meetings thematisiert.

Veröffentlichungen

Neben den unten aufgeführten Veröffentlichungen ist seit dem 11. November 2024 das Service Bulletin SB-912-079 in Umlauf. Dort nimmt Rotax ausführlich zu den Ereignissen Stellung. Ein Hersteller kann ein solches Service Bulletin veröffentlichen, wenn er Maßnahmen im Rahmen der technischen Sicherheit seiner Bauteile und Baugruppen für erforderlich hält. Allerdings hat dieses Bulletin keinen Einfluss auf die Lufttüchtigkeit des Luftfahrzeugs, sofern keine AD (Airworthiness Directive) vorliegt.

Leider hat dieses Service Bulletin unter Pilotinnen und Piloten zu großer Verunsicherung geführt. Wir wissen, dass die EASA in Abstimmung mit Rotax ist und an einer Revision des SB gearbeitet wird.

Das LBA erwartet in den kommenden Monaten weitere greifbare Ergebnisse und Maßnahmen aus den mittlerweile fortgeschrittenen Untersuchungen, und wird die Pilotinnen und Piloten, die Verbände sowie die Industrie entsprechend auf seiner Internetseite informieren.

Relevante Veröffentlichungen im Zusammenhang mit der Thematik:

  • Tecnam: SB_773_-_CS_-_Rotax_912S_Engine_Soft_Start_Deactivation_-3
  • Tecnam: SI_912_028R0_advancedStartSystem
  • Rotax: SI-916i-001R4_915i-001R5_912i-001R10_912-016R15_914-019R15_Selection of suitable operating fluids for Rotax Engine Type 916 i (Series), 915 i (Series), 912 i (Series), 912 and 914 (Series)-2
  • Bristell: ADxC-73-SB-035_A-Avoid-engine-stress-ROTAX-912
  • Bristell: ADxC-73-SB-042_A-Fuel-Grade-UL91-avoidance
  • Aquila: SB-AT01-041

Nachtrag

Die Verunsicherung zum SB-912-079 hat zu einer neuen Ausgabe dieses Service Bulletins geführt. Das neue Release "R1" ist um wesentliche Punkte entschärft. Die Durchführung der Maßnahmen ist nun nicht mehr verpflichtend, sondern wird ausdrücklich empfohlen. Eine zwingende Umsetzung ist damit entfallen. Ebenso gibt es keine Frist mehr, die Arbeiten innerhalb einer bestimmten Motorlaufzeit abzuschließen.

Für eine klare Unterscheidung zwischen Motoren, die in zertifizierten Luftfahrzeugen eingesetzt werden, und solchen in Ultraleichtflugzeugen wurde ein zusätzliches Service Bulletin veröffentlicht.

Rotax, die EASA sowie die Herstellerbetriebe von Luftfahrzeugen planen Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres eine weitere Version dieses Service Bulletins herauszugeben. In dieser werden die technischen Aspekte erneut geprüft und gegebenenfalls überarbeitet.