Luftfahrt-Bundesamt

Bonität ist wichtig

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung und den Erhalt einer Betriebsgenehmigung

Wenn über die Aufgaben zur Erteilung einer Betriebsgenehmigung für Luftfahrtunternehmen gesprochen wird, stehen für viele Betrachter die technischen Überprüfungen oder Fragen der Ausbildung und Kontrolle von Flugpersonal im Vordergrund. Eine wichtige Voraussetzung für gewerbliche Luftfahrtunternehmen ist jedoch der Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Prüfung dieser Voraussetzung obliegt, neben allen anderen Überprüfungen, dem Luftfahrt-Bundesamt (LBA).

Graphische Darstellung eines Kursverlaufes Quelle: Westend61 / Getty Images

Der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass die finanzielle Gesundheit eines Luftfahrtunternehmens und die Sicherheit möglicherweise verknüpft sind. Deshalb hat die Europäische Union alle nationalen Luftfahrtbehörden der europäischen Gemeinschaft verpflichtet, nicht nur im Rahmen der Zulassung sondern auch im Rahmen der Aufsicht, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmen zu überprüfen. Denn fehlende finanzielle Mittel wirken sich in direkter Folge auch auf alle weiteren Aspekte des Luftverkehrs aus. So ist denkbar, dass Fluggesellschaften versuchen, bei fehlender Liquidität an der Lagerhaltung von Ersatzteilen oder der Wartung und Instandsetzung von Flugzeugen zu sparen. Eine Gefährdung des Flugbetriebes kann aber auch daraus resultieren, dass Gebühren, Gehälter und weitere Rechnungen von Zulieferern nicht mehr gezahlt werden können und Leistungen oder Starterlaubnisse kurzfristig verweigert werden. Solche möglichen Szenarien sind durch kontinuierliche Überprüfungen zu vermeiden.

„Rund 114 Fluggesellschaften werden Stand März 2019 durch das LBA überprüft“

Für die rund 114 Fluggesellschaften, die in die Zuständigkeit des Luftfahrt-Bundesamtes fallen, sind diese Aufgaben im Referat B4 (Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Luftfahrtunternehmen) gebündelt. Zehn hoch qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bearbeiten dieses wichtige Gebiet. Voraussetzung für die Bearbeitung eines solch komplexen Themas ist für die Betriebsprüferinnen und Betriebsprüfer ein abgeschlossenes Hochschul-/ oder Fachhochschulstudium der Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften oder Betriebswirtschaftslehre. Die rein akademische Ausbildung allein reicht jedoch bei Weitem nicht aus. Wichtig ist die Affinität zu Zahlen und Unternehmenskennzahlen für die Bewertung der vorgelegten Unterlagen und natürlich viel Erfahrung.

Bei Beantragung einer Betriebsgenehmigung als Luftfahrtunternehmen werden in Abhängigkeit von der Größe der einzusetzenden Luftahrzeuge unterschiedliche Anforderungen an den Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gestellt. Unternehmen, die Luftfahrzeuge mit einer höchstzulässigen Startmasse (MTOM) ab 10 Tonnen und mehr als 20 Sitzplätzen betreiben wollen oder deren Jahresumsatz 3 Mio. Euro übersteigt, müssen nachweisen, dass sie ihre finanziellen Verpflichtungen in den ersten 24 Monaten nach Aufnahme der Tätigkeit bedienen können. Für die ersten drei Monate nach Aufnahme der Tätigkeit muss die Zahlungsfähigkeit darüber hinaus sogar ohne die Berücksichtigung von Betriebseinnahmen nachgewiesen werden. Unternehmen, die nicht unter die genannten Kriterien fallen, müssen nachweisen, dass sich ihr Nettokapital zu jeder Zeit auf mindestens 100.000 Euro beläuft. Zur Überprüfung der erforderlichen Voraussetzungen sind dem Luftfahrt-Bundesamt verschiedene wirtschaftliche Unterlagen vorzulegen, unter anderem Wirtschafts- und Liquiditätspläne, Jahresabschlüsse, Summen- und Saldenlisten, wesentliche Darlehens-, Finanzierungs- und Kreditlinienverträge und dergleichen.

„Ein vorschneller Entzug der Betriebsgenehmigung kann die Existenz gefährden“

Nach Erteilung der Betriebsgenehmigung wird das Luftfahrtunternehmen im Rahmen der wirtschaftlichen Aufsichtsführung kontinuierlich durch das Referat „wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ überprüft. Dem Team obliegt hierbei natürlich eine große Verantwortung, die mit entsprechendem Fingerspitzengefühl wahrgenommen werden muss. Einerseits steht die Sicherheit im Luftverkehr an erster Stelle, andererseits kann ein vorschneller Entzug oder das Anordnen des Ruhens der Betriebsgenehmigung massive Auswirkungen bis hin zur Existenzgefährdung für die Fluggesellschaften bedeuten. Bei Anzeichen auf mögliche finanzielle Probleme, die das Team im Rahmen der laufenden Aufsichtstätigkeit sowie regelmäßig durchgeführter Audits am Standort des Unternehmens erhält, werden die Prüfintervalle entsprechend verkürzt und intensiviert. Dies kann dazu führen, dass wirtschaftliche Überprüfungen auf wöchentlicher Basis stattfinden oder in Einzelfällen auch die tägliche Vorlage von Unterlagen verlangt wird.

„Sofern sich in der Vergangenheit im Rahmen der intensivierten Überprüfungen herausstellte, dass ein Luftfahrtunternehmen die finanziellen Voraussetzungen gemäß der Verordnung (EG) 1008/2008 nicht mehr erfüllen konnte, wurde als mildestes Mittel zunächst das Ruhen der Betriebsgenehmigung angeordnet. So wurde vermieden, dass sich die fehlenden finanziellen Voraussetzungen negativ auf die Sicherheit in den Bereichen Flugbetrieb und Technik auswirken konnten“, beschreibt die Referatsleiterin Monika Hampe-Michels die Arbeitsweise. Hierbei sei ein wichtiger Punkt, dass nicht alleine das Referat B4 dafür zuständig sei, solche Schritte einzuleiten. Nur in Zusammenarbeit mit dem Referat B1 (Genehmigungen von Luftfahrtunternehmen) würden im Hinblick auf die Betriebsgenehmigung Sanktionen oder Maßnahmen eingeleitet. Eine enge Zusammenarbeit sei, so Hampe-Michels, hierfür sehr wichtig. Das Referat B4 leitet seine Prüfvermerke an das Referat B1 weiter und gibt Handlungsempfehlungen ab, die dann in enger Absprache zwischen den Referaten von B1 umgesetzt werden.

„Das LBA trägt nicht zur Bildung von Gerüchten bei“

Doch bevor als Sanktion das Ruhen der Betriebsgenehmigung angeordnet wird, müssen natürlich alle Unternehmenszahlen und -daten geprüft werden und verlässlich sein. Auch wenn in manchen Fällen das öffentliche Interesse sehr groß ist, Informationen zu möglichen wirtschaftlichen Problemen von Luftfahrtunternehmen zu erhalten, sind die Überprüfungen bis zum endgültigen Ergebnis unter Einhaltung größtmöglicher Diskretion durchzuführen. Schon ein Gerücht über erhöhte Aufsichtsführung des Luftfahrt-Bundesamtes kann für das betroffene Unternehmen schwerwiegende Folgen haben. Gerüchte über mögliche wirtschaftliche Schwierigkeiten lassen sich in einem relativ kleinen Marktsegment wie dem Luftverkehr auch ohne direkte Namensnennung der vermeintlich betroffenen Fluggesellschaft zuordnen. Somit könnte durch ausbleibende Buchungen und damit einhergehenden Umsatzeinbußen eine wirtschaftliche Notlage entstehen, die erst durch Gerüchte und falsche Informationen hervorgerufen worden ist.

„Wir erteilen grundsätzlich keine Auskünfte zu laufenden Überprüfungen oder zur Fragestellung inwieweit einzelne Unternehmen unter erhöhter Aufsichtsführung stehen. Etwaige Befürchtungen, dass sich beispielsweise aus einer zeitweisen Realisierung von Verlusten Zahlungsschwierigkeiten ergeben, können sich nach umfassender Analyse der Buchhaltungsunterlagen (Jahresabschluss, Summen- und Saldenliste) als unbegründet erweisen. Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang auch die saisonal bedingten Liquiditätsschwankungen in Abhängigkeit vom jeweiligen Geschäftsfeld, in dem das Unternehmen tätig ist. Letztlich kann vor der abschließenden Bewertung aller relevanten Einflussgrößen keine Information der Öffentlichkeit erfolgen. Eventuell vorschnell getroffene Informationen würden ein falsches Bild erzeugen und den Verbraucher gegebenenfalls zu Unrecht verunsichern. In einem solch sensiblen Bereich muss die Wahrung der Betriebs– und Geschäftsgeheimnisse vor dem Informationsinteresse der Medien stehen. Zu dieser Verschwiegenheit sind wir ohnehin verpflichtet“, so Referatsleiterin Hampe-Michels.

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